100-Jahre-Insulin

Insulintherapie im Wandel der Zeit

Wenn wir uns die Entwicklung der Diabetesbehandlung in den letzten Jahren vor Augen führen, ist es kaum vorstellbar, dass der Typ-1 Diabetes noch vor 100 Jahren eine tödlich verlaufende Krankheit war. Doch genau so war es. Bereits Heilkundige aus der Antike beschrieben die Symptome des Typ-1 Diabetes, dennoch fanden sie keine erfolgreiche Behandlung. Versuche, die Erkrankung durch Diäten, Heilkräuter oder Opium zu heilen, blieben erfolglos und führten zwangsläufig zum Tod der PatientInnen.

 

Der Juli 1921 gilt als größter Meilenstein der Diabetestherapie. Den jungen Forschern Frederick Banting und Charles Best gelang es in Toronto einem pankreatektomiertem Hund Insulin zu injizieren und so den Blutzucker um 40 % zu senken. Diese Entdeckung wurde weiterentwickelt und schließlich konnte dank Mithilfe des Biochemikers James Collip ein besonders wirksamer Insulinextrakt hergestellt. Am 23. Januar 1922 erhielt der damals 13-jährige Leonard Thompson tierisches Insulin mit der Folge, dass sich sein Blutzucker über Nacht normalisierte. Diese Nachricht verbreitete sich rasch und das Forscherteam wurde mit Anfragen überschüttet. Um ausreichend Insulin herstellen zu können, entstand 1923 auf dem Gelände der Universität Toronto eine Fabrik, in der Insulin aus den Bauchspeicheldrüsen geschlachteter Schweine und Rinder hergestellt wurde.

 

Auch wenn die Entdeckung des Hormons Insulin vielen Menschen das Leben rettete, so war die anfängliche Behandlung regelrecht eine Tortur. Die Glas-Spritzen mussten mehrmals pro Woche zerlegt, ausgekocht und desinfiziert werden, die dicken Nadeln mussten regelmäßig nachgeschliffen werden und der Blutzucker konnte nur in der Klinik mittels Urinzuckertest gemessen werden.

 

Dies änderte sich ab den 1980er Jahren. Dank Blutzuckerteststreifen war eine Selbstkontrolle zu Hause möglich und Insulinpens und -pumpen erhielten Einzug in den Markt. Auch die Insuline selbst änderten sich. Seit 1982 ist das gentechnisch hergestellte Humaninsulin erhältlich, ab den 1990er Jahren kamen kurzwirksame Analoginsuline hinzu, ab 2000 folgte endlich auch ein langwirksames Analoginsulin.

 

Seitdem kommen Neuerungen und Weiterentwicklungen Schlag-auf Schlag: Patch-Pumpen, CGM-Systeme, smarte Insulinpens, Closed-Loop-Systeme, uvm.

 

Ist damit das Ende der Forschung erreicht? Lange noch nicht! Während weiterhin an technischen Devices gearbeitet wird um den Diabetesalltag zu erleichtern, hört auch die Weiterentwicklung der Insuline nicht auf. Aktuell gibt es Forschungen im Bereich der oralen Insuline, einem Langzeitinsulin, das nur noch wöchentlich gespritzt werden muss und Smartinsulinen, die nur dann ihre Wirkung entfalten, wenn der Blutzucker steigt.